FFG produziert ja schon lange keine einfachen Brettspiele mehr, man hat sich darauf verständigt BrettspielWELTEN zu designen und unters Volk zu schmeißen. Was im Prinzip nichts anderes bedeutet, als das man seinen einzelnen Produktlinien kanalisiert und mit einem gemeinsamen Hintergrund versorgt. Das wird besonders ausgiebig mit Terrinoth gemacht, einer archaischen Fantasywelt voller Menschen, Elfen, Zwerge, Orks , Untoter und Chaoswesen, die im Prinzip alles bietet, was der durchschnittliche Fantasyfan gern hätte. Dieser Welt sind nun diverse Spiele zugeordnet, das Bekannteste dürfte wohl Descent sein, welches an den alten Klassiker Heroquest gemahnt und dessen Prinzip fortführt, ausbaut und perfektioniert. Außerdem gibt es dann noch Runebound, welches ein wenig an Talisman (so ganz entfernt) erinnert und mit Dungeonquest wurde ein Klassiker des Fantasybrettspiels neu aufgelegt, renoviert und ebenfalls nach Terrinoth verpflanzt.
Tja, und dann gibt es da noch Runewars, ein sogenanntes Big Box Spiel, welches mit der Ankündigung, über 190 Plastikfiguren zu enthalten, vor allem bei Müttern mit Staubsauger zu wahren Jubelschreien geführt haben soll.
Runewars ist ein Spiel, mit dem die epischen Schlachten Terrinoths nachgestellt und simuliert werden können. Es geht darum die mächtigen Drachenrunen zu finden, denn nur, wer genügend Drachenrunen beherrscht, der kann auch die Welt beherrschen.
Dazu nutzt Runewars einige interessante Mechanismen, z.B. werden in dem Spiel keine Würfel benutzt. Das ist, wenn man bedenkt, das FFG gern und häufig mit speziellen Spezialwürfeln arbeitet, die speziell für spezielle Zwecke eingesetzt werden, auf jeden Fall eine hochgezogene Augenbraue wert. Hier werden sogenannte Schicksalskarten genutzt, die für die verschiedenen Truppentypen die jeweiligen Kampfergebnisse repräsentieren. Ein nicht uninteressantes System, das in ähnlicher Form bereits bei Mansions Of Madness Anwendung fand. Da es jederzeit erlaubt ist, den Ablagestapel der Schicksalskarten durchzusehen, kann man so natürlich seine Erfolgschancen besser abschätzen als z.B. bei einem Würfelwurf.
Der Kampf ist eh ein Konstrukt, das am Anfang für einige Fragezeichen über den Köpfen der Spieler sorgen wird. Der Kampf ist in 5 Phasen aufgeteilt, jeder Truppentyp greift nur in einer Phase davon auch an. Zuerst zieht der Angreifer, dann der Verteidiger für jede Einheit eines bestimmten Truppentypen eine Schicksalskarte. Wenn man mehrere Arten von Truppen in einer Schlachtreihe stehen hat, entscheidet man sich vor dem Ziehen, welche Truppentyp gerade kämpfen soll. Dann werden die Effekte abgehandelt: Zuerst Spezialeffekte, dann FLuchteffekte, zum Schluss der Schaden. Wenn jemand in einer Phase keinen Truppentypen zur Verfügung hat, dann zieht er auch logischerweise keine Karte. Hat man mehrere Truppentypen in einer Schlachtreihe, dann wiederholt man das Ganze, bis alle Truppen einer Schlachtreihe gekämpft haben, bevor man zur nächsten Schlachtreihe übergeht. Sind die 5 Phasen vorbei, endet der Kampf (es wird also NICHT bis zur kompletten Vernichtung gekämpft) und die verbliebende Truppenstärke für jede Seite wird berechnet. Dabei zählt jede noch stehende Einheit einen Punkt, natürlich zuzüglich eventueller Boni, wie z.B. eine Festung. Die schwächere Seite zieht sich zurück und überlässt das Feld dem Sieger. Was dazu führen kann, das zwei Skelette gegen einen Drachen siegen, einfach, weil sie mehr sind. Das erlaubt interessante Strategien, aber man muss sich da auch erst mal dran gewöhnen.
Das Spielbrett wird übrigens modular aufgebaut, es besteht aus mehreren Segmenten, welche wiederum aus bis zu 4 verbundenen 6-Ecken bestehen. Dadurch hat man von Runde zu Runde ein gewisses Maß an Abwechslung, die Regeln zum Spielfeldaufbau sollen hierbei sicherstellen, das es zu ausgeglichenen Startbedingungen kommen soll.
Das Spiel selber dauert in seiner normalen Version 6 Runden, die jeweils wieder aus 4 Phasen, den Jahreszeiten, bestehen. Zu Beginn jeder Jahreszeit wird eine entsprechende Karte aufgedeckt, die ein besonderes Ereignis ankündigt und eine jeweilige, jahreszeitabhängige, Sonderaktion zulässt. Dann spielt jeder Spieler verdeckt eine Befehlskarte (von denen er 8 hat, mit 7 grundlegend verschiedenen Befehlen, die Möglichkeit zum Angriff gibt es zweimal in ähnlicher Art und Weise). Hat man einen Befehl erteilt, kann man ihn im laufenden Jahr nicht noch mal nutzen, erst im Frühjahr gibt es die bisher verbrauchten Befehle zurück.
Nun kommen auch noch Helden ins Spiel (allesamt übrigens aus Descent bekannt), die im Sommer lustig übers Spielbrett stromern und dabei versuchen Questen zu erfüllen. Dafür erhalten sie Belohnungen, die sie entweder mächtiger werden lassen oder zu weiteren Drachenrunen führen.
Von denen benötigt man nämlich 6 Stück, um zu gewinnen. Da man das Spiel mit zweien davon beginnt und pro Gebiet maximal eine Rune liegen darf, muss man noch mindestens 4 weitere Gebiete erobern und dort Runen platzieren, um zu gewinnen.
So, das sollte als grober Überblick reichen, das Spiel hat natürlich noch einige Feinheiten zu bieten, auf die ich hier im Review nicht weiter eingehe. (So Sachen wie Rohstoffverwaltung und Diplomatie mit neutralen Truppen z.B.)
Unsere erste Partie hat mit drei Mann knapp über 4 Stunden gedauert, dabei war aber viel Regelnachschlagerei, eine Essens- und mehrere Raucherpausen. Aber es hat verdammt viel Spaß gemacht, es war kurzweilig, man hatte immer was zu tun, auch die Interaktion zwischen den Spielern war nach ein paar Runden da (und wäre noch eher gekommen, wenn wir nicht einen Fehler am Anfang gemacht hätten. Wir haben vergessen, die Startaufstellung komplett durchzuführen, wodurch die erste Runde sehr aktionsarm war) und so kann man nur von einem gelungenen Spiel sprechen.
Die vier enthaltenen Völker (Elfen, Menschen, Untote und Uthuk, eine Art Chaoswesen) unterscheiden sich zwar voneinander, aber ob diese Unterschiede spielentscheidend sind, oder auch nur unterschiedliche Strategien erfordern, muss die Zeit zeigen.
Alles in allem ein wirklich tolles Spiel (mal wieder), das allerdings aufgrund der Komplexität und der Spieldauer nichts für Zwischendurch ist. Die Spielbarkeit für drei Leute ist perfekt, aber Erfahrungsberichten zufolge funktioniert es auch zu zweit oder viert. Das Spielmaterial ist, wie von FFG/Heidelbären gewohnt, von hoher Qualität, eine erste Erweiterung ist bereits angekündigt, die vor allem neue Truppentypen ins Spiel integrieren wird. Leider (noch) kein Material für einen 5. und 6. Mitspieler, obwohl Orks und Zwerge als Völker noch nicht vorhanden sind. Aber was nicht ist, kann noch werden und es wäre nicht FFG, wenn da nicht noch was käme.