Wird mal langsam wieder Zeit für einen neuen Spielebericht/Review hier auf Tequilas kleiner Kasperwelt, die Messe Essen ist ja schon fast zwei Monate vorbei und langsam aber sicher trudeln die Messeneuheiten auch in den stationären Handel ein, da muss man doch wissen, was man sich so kaufen (oder zu Weihnachten verschenken) kann.
Direkt auf der Messe fiel mir das Plakat zum Spiel GULLI PIRATTEN auf, was mich irgendwie sofort ansprach. Ich mein: Hallo? Ein Spiel, das offensichtlich eine Piratenthematik hat UND das Ganze mit Ratten verbindet?
Als ich dann noch die Figuren gesehen habe, gab es eigentlich keine Zweifel mehr, das ich dieses Spiel würde haben müssen: Die Figuren von Wiesel, Waschbär, Kröte, Kakerlake, Schnecke und natürlich Ratte sehen herzallerliebst aus, sind voller liebevoller Details modelliert und einfach schnuckelig.
Zuhause konnte sich dann selbst die im Regelfall gar nicht spielbegeisterte Familie dafür erwärmen und so kam es schon bald zu ersten Spielrunden.
Worum geht es? Nun ja, jeder ist der „Chef“ einer Piratenrotte, die, nenne wir das Kind beim Namen, aus Ungeziefer besteht. Ungeziefer zieht natürlich nicht auf die hohe See, sondern ist mit den Gefahren der Kanalisation schon gut gefordert. Und es dürstet die Jungs auch nicht nach Gold und Geschmeide, vielmehr sind es Konserven und Pommes, nach denen es echte Piratten gelüstet.
Jede Rotte besteht aus 4 der 6 oben genannten Mitgliedern. Welche, das wird am Anfang solidarisch entschieden, gelost oder (wenn man mit den Profiregeln spielt) für jede Rotte individuell fest gelegt.
Jedes Mitglied der Rotte hat eine besondere Fähigkeit, auf die kommen wir allerdings erst später zu sprechen.
Ferner gibt es drei Schiffe (Fisch, Katze, Vogel), die es zu bemannen gilt. Jedes Schiff hat 3 Mannschaftspositionen und einen Kapitänsrang. Vor den Schiffen liegen jeweils zwei Beutehaufen, die aus drei regulären Beutestücken und dem Kapitänsloot besteht. Es gilt nun, möglichst viel Beute zu machen, um dieses zu erreichen, hat man pro Runde die Möglichkeit eine von insgesamt 4 verschiedenen Aktionen auszuführen. Als da wären:
1. 2 Karten ziehen: Man zieht zwei Karten (Auf denen entweder Fisch, Katze oder Vogel zu sehen ist) Dabei kann man zwischen verdeckten Ziehen und dem wegnehmen von insgesamt 4 offen ausliegenden Karten wählen. Das minimiert den Glücksfaktor doch beträchtlich.
2. Figur aufs Schiff bringen: Um ein Mitglied seiner Rotte auf ein Schiff zu bringen, muss man nun entsprechende Karten ausspielen (Also eine oder mehrere Katzenkarten für das Katzenschiff, etc.pp.) Für eine Karte kann man ein Feld auf das Schiff weit rein rücken, wer weit vor will, muss entsprechend viele Karten bezahlen. Wobei aber besetzte Felder NICHT zu bezahlen sind. Wenn also auf dem ersten Feld schon ein Pirat steht (egal von welcher Rotte), dann kommt man für eine Karte direkt auf Feld 2!) Mit dieser Methode jedoch kann man NICHT direkt zum Kapitän werden, es sei denn, ALLE 3 Felder sind schon besetzt, dann kann man für 3 Karten es direkt von außen schaffen. Man kann auch, anstatt von außen eine Figur spielen, eine seiner Figuren auf einem Schiff weiter vor bewegen, das kostet pro nichtbesetztem Feld auch wieder eine Karte. Also auch hier: Bereits besetzte Felder können umsonst übersprungen werden!
3. Figur zum Kapitän befördern: Eine Figur, die bereits auf dem Schiff ist, kann zum Kapitän befördert werden, wenn zwischen ihr und dem Kapitänsfeld KEIN freies Feld mehr ist. Dies kostet dann eine entsprechende Karte.
4. In See stechen: Wenn ein Schiff einen Kapitän hat, MUSS dieser in der nächsten Runde in See stechen und Beute machen. Die Beute wird dann wie folgt verteilt: Der Kapitän bekommt das (runde) Kapitänsloot UND darf sich ein normales (eckiges) Beutestück aussuchen. Danach hat das erste normale Mannschaftsmitglied Zugriff auf die Beute und so weiter, bis keine Beute mehr da ist. Dann kehrt das Schiff in den Hafen zurück, alle Leute, die Beute gemacht haben, verlassen das Schiff und die, die keine Beute haben, bleiben dort und rücken eine Stelle weiter auf.
Danach wird ein neuer Beutehaufen vor dem Schiff aufgebaut, sodass wieder zwei Stück davor liegen und der nächste Spieler ist am Zug.
Wenn kein neuer Beutehaufen mehr gebildet werden kann, endet das Spiel (Alle Schiffe mit Kapitän stechen nochmal in See) und es wird abgerechnet. Dabei macht das passende Kapitänsloot den Unterschied: Denn das normale Loot hat bestimmte Punktwerte, erst in Verbindung mit dem Kapitänsloot wird die Beute aber richtig wertvoll! Oder überhaupt erst verwertbar. Konservendosen z.B. haben den höchsten Punktwert, aber für jede Dose benötigt man auch einen Dosenöffner, ohne den die Dose nichts wert ist. Pommes werden wesentlich schmackhafter und damit wertvoller, wenn man auch Ketchup hat und so weiter und so fort!
Die Rotte mit den meisten Punkten gewinnt schließlich das Spiel.
Klingt ganz einfach? Ist es auch, allerdings liegt die Tücke im Detail:
Jedes Besatzungsmitglied hat noch eine Sonderfähigkeit, die teilweise heftige Auswirkungen hat, fangen wir an:
1. Der Waschbär: Ein Rüpel, wie er im Buche steht. Der Waschbär lässt sich nicht einfach überspringen, sondern er muss mit einer passenden Karte bestochen werden, die dann der „Besitzer“ des Waschbären erhält
2. Die Kröte: Die Kröte kann entscheiden, ob sie bei der Beuteverteilung berücksichtigt werden möchte, oder lieber auf dem Kahn bleibt und die nächste Runde eine Position höher wieder mitfährt
3. Das Wiesel: Es ist, wie der Name es fast schon vermuten lässt, wieselflink und hat daher 2 Aktionen. Das heißt, wenn das Wiesel ein Schiff betritt, Kapitän wird oder In See sticht, kann es danach noch eine dieser Aktionen ausführen (welche natürlich normal bezahlt werden muss)
4. Die Kakerlake: Ist besonders agil und bezahlt daher für ihre Bewegung eine Karte weniger als gewöhnlich, d.h. das erste Feld ist immer umsonst!
5. Die Schnecke: Nachdem die Schnecke bewegt wurde, zieht man eine verdeckte Karte. Entspricht diese Karte dem Schiff, auf dem die Schnecke ist, rutscht sie ein Feld weiter, selbst wenn das nächste Feld das Kapitänsfeld ist. Ist das Feld frei, passiert nichts weiter. Ist es besetzt, dann tauscht die Schnecke die Position mit der darauf befindlichen Figur, der Waschbär erhält in diesem Fall auch keine Karte!
6. Die Ratte: Ein kleines gieriges Stück, das immer ein Beutestück extra bekommt, sofern noch was da ist. Das heißt auch, dass die Ratte als Kapitän drei Stücke bekommt: Das Kapitänsloot UND 2 normale Stücke…mjam mjam mjam
So, im Großen und Ganzen ist es das. Anfang war ich von dem Spiel ein wenig enttäuscht, sah es doch wie ein relativ einfaches Familienspiel aus, in dem es nur wenige Möglichkeiten zum taktieren gibt…Ja, falsch gedacht! Mannigfaltige Strategien eröffnen sich einem, wenn man tiefer in das Spiel eindringt und sich die verschiedenen Mechanismen verinnerlicht. Mg man lieber ein Schiff möglichst allein bemannen oder versucht man überall zu partizipieren? Welches seiner Rottenmitglieder setzt man wann ein, um möglichst das Optimum rauszuholen? Lieber viel Beute machen oder lieber passende Beute machen? Holt man sich die passende Beute oder schnappt man lieber dem Mitpiraten das passende Stück weg?
Fragen über Fragen, deren Beantwortung einem nach einigen Partien natürlich entscheidend leichter fällt, aber dennoch dafür sorgen, dass man das Spiel gerne mal wieder auf den Tisch packt.
Damit sitzen die Piratten zwischen den Stühlen und können sowohl als Familienunterhaltung agieren, als auch ein kurzes Taktikgeplänkel bieten. Mit einer ungefähren Spielzeit von 30-40 Minuten ist es auch ein Spaß für zwischendurch und kann somit überzeugen. Da sind die echt knuffigen Figuren noch der Puderzucker auf dem Sahnehäubchen!