Horrorfilme haben in den letzten Jahren eine Neudefinition erfahren, es muss immer lauter, brutaler, blutiger und fieser werden, was dazu geführt hat, das ein ehemals wirklich guter Ansatz wie SAW sich inzwischen selber überholt hat und (zumindest mir) gar keinen Spaß mehr bereitet. Und das ganz bestimmt nicht, weil es mir zu brutal wurde! Aber trotz der Abstumpfung, die mit all dem einhergeht, gibt es ab und an doch immer wieder kleine Filmperlen, die mich begeistern können. Bezeichnend, wenn ein solches Kleinod eben nicht aus den üblichen Filmschmieden kommt, sondern aus Ländern, die man eben nicht sofort auf dem Schirm hat, wenn man an solide, blutige Unterhaltung denkt. Kommen wir also zu High Tension, ein Slashermovie aus Frankreich und auf seine Art absolut Einzigartig. Krank, fies, brutal, verworren und vollkommen Over the Top!
Zwei Studentinnen fahren zwecks Lernerei aufs Land und besuchen die Familie der einen. Dort angekommen beginnt eine Mordserie, wie sie seit den seligen 80er Jahren nicht mehr im Kino zu sehen war.
Ein Film in der Tradition der nicht-übernatürlichen Slasherfilme wie Halloween oder Maniac.
Doch High Tension geht einige Schritte weiter. Waren die Morde in Halloween z.B. durchaus grafisch explizit dargestellt und (in späteren Teilen) nichts für schwache Gemüter, nimmt High Tension überhaupt keine Rücksicht auf die Gefühle des Betrachters. Jeder Mord übertrifft den vorherigen an Brutalität, es gibt auch keine pseudomoralischen Erklärungen a la vorehelicher Sex, warum und weshalb die Opfer sterben müssen. Sie stehen im Weg, das muss reichen. Ein großes Tabu (Mord an Kindern) wird hier ebenfalls gebrochen. Das Blag steht im Weg, also muss es weg, so einfach ist das.
Die optische Darstellung der Morde erreicht hier ein neues Qualitätslevel. So explizit und so phantasievoll habe ich so was noch nicht gesehen und jedes Mal, wenn ich ne Treppe mit Geländer runtergehe, muss ich an die entsprechende Szene denken, welche einen weiteren, wundervoll gestalteten Mord visualisiert. Die Auflösung des Filmes ist dann ein Schlag in die Fresse, allerdings mehr der verwirrenden Art. Man kann und will nicht verstehen, was da passiert ist und viele Teile des Filmes werden dadurch auf den ersten Blick unlogisch. Aber je länger man drüber nachdenkt, desto mehr versteht man und es fügt sich alles wie ein großes Puzzle zusammen. Einige Szenen bleiben zwar immer noch unverständlich, bzw. haben sich mir bis heute nicht eröffnet, aber das schmälert nicht den Genuss an diesem Film. (Anders war es. Z.B. bei Identität, der mit einem ähnlichem Plottwist daherkommt, der aber meiner Meinung nach einfach nur Scheiße war). High Tension macht vieles richtig., nur wenig, wenn überhaupt falsch, sollte aber von Leuten mit der Neigung zu Schreiattacken eher gemieden werden *g* Daher eine eindringliche Warnung an Leute mit schwachen Mägen oder eher destabilem Nervenkostüm: Der Film ist wirklich heftig, wer Filme wie Irreversible als Schlag in die Magengrube empfindet oder die Gewaltdarstellung eines Terminator für zu heftig hält, der erlebt hier sein Waterloo. High Tension nimmt keinerlei Rücksicht!
Großartige Filmkunst für Leute mit abseitigem Geschmack, allerdings sind ALLE deutschen Fassungen cut, selbst die SPIO-Geprüfte Fassung. Daher bei Bedarf am deutschen Ton nach der österreichischen UNCUT Fassung Ausschau halten! Denn auch in der Alpenrepublik gibt es eine geschnittene Fassung.