Tequilas Welt

Angespielt – Unter diesem Motto wird es nun ab und an Artikel zu Spielen geben, die ich nicht ausreichend oft für eine Rezension gespielt habe. Sei es, weil mir die passende Gruppe fehlt, sei es, dass ich das Spiel nicht selber besitze und daher nur selten die Gelegenheit habe, es auszuprobieren. Der Vorteil aber, der Eigentümer eines Nerdspieleladens zu sein, ist es, das man eine Menge Leute kennenlernt, die Spiele besitzen, die ich bisher nicht im Zugriff hatte. Meik, einer meiner Stammkunden, ist der glückliche Besitzer von z.B. Cthulhu Wars und erklärte sich dankenswerterweise dazu bereit, mal bei mir im Laden eine Probepartie zu spielen.

Cthulhu Wars stammt von Sandy Petersen, jedem halbwegs ernstzunehmenden Rollenspieler natürlich als der Autor von Call Of Cthulhu ein Begriff. Sandy hat sich mit Cthulhu Wars wohl ein Denkmal setzen wollen, es dürfte rein vom Umfang her wohl eins der mächtigsten Spiele überhaupt sein.

Als damals der Kickstarter zu Cthulhu Wars lief, hat ich die Farbgestaltung der Miniaturen ernsthaft angeschreckt. Diese erinnern an farbigen Mäusespeck, das ist irgendwie verstörend … andererseits: Hey, das Spiel nennt sich Cthulhu Wars, nicht Salvador Dalis Kabinett. Da ist „verstörend wirken“ wohl eher ein Selling Point.

Naja, jedenfalls ging das Spiel an mir vorbei. Seit dem scharwenzel ich immer drum herum, aber irgendetwas in mir weigert sich, für ein Brettspiel ca. 300€ auf den Tisch zu legen. Selbst eine Einführung durch Sandy Petersen persönlich (Allerdings im GenCon Trubel) blieb ohne schwerwiegende Folgen für meine Geldbörse.

Nun aber endlich die Chance das Spiel mal in aller Ruhe auszuprobieren. Mit 4 Mann starteten wir die Runde und wie der Zufall es will, bekam ich auch direkt Cthulhu als Großen Alten zugelost (Seine Fraktion erhält man durch Zufall, jede Fraktion spielt sich auch anders, was einen hohen Wiederspielwert bedeutet)

Neben Cthulhu spielten noch Hastur,  Narlythotep und Yog-Sothoth mit. Eine, wie ihr seht, illustre Runde.

Worum geht es bei Cthulhu Wars?

Um die ewige Verdammnis! Naja, ok, man sammelt Doompunkte und wer als erster 30 Doompunkte zusammen UND sein Spellbook vollständig entwickelt hat (hierzu später mehr) gewinnt das Spiel.
Doompunkte sammelt man, in dem man Beschwörungszirkel errichtet und diese auch besetzt hält. Dazu stehen einem Akolythen zur Verfügung, von denen man maximal 6 im Spiel hat (und mit denen man auch beginnt).
Je mehr Akolythen und Beschwörungszirkel man hat, desto mehr Aktionspunkte besitz man auch. Diese verwendet man für diverse Aktionen, wie z.B. einen Beschwörungszirkel erschaffen, ein Monster (oder gar einen Großen Alten) beschwören oder Akolythen einsetzen. Bewegen und kämpfen gehört natürlich auch zu den Optionen. Trifft eines eurer Monster auf einen allein durch die Weltgeschichte reisenden Akolythen, so könnt ihr den wegschnabulieren und später opfern, das gibt mehr Aktionspunkte.
Nach einer Aktion ist der nächste Spieler dran. Dies geht reihum, bis niemand mehr Aktionspunkte hat oder keiner mehr etwas tun möchte.

Es gibt einige sehr nette, kleine Mechanismen, die das Spiel nicht grundlegend verändern, aber doch Würze hineinbringen.

1. Der Startspieler wird derart bestimmt, dass derjenige, der die meisten Zirkel beherrscht, auch der Startspieler ist. Neben dem Vorteil, das er als erster dran ist, darf er auch noch bestimmen, in welche Richtung (also im oder entgegen dem Uhrzeigersinn) gespielt wird.

2. Nachdem festgestellt wird, wie viele Doompunkte jeder bekommt, aber bevor die Aktionsphase beginnt, darf man noch ein Ritual of Annihilation durchführen. Dies kostet einiges an Aktionspunkten, bringt aber die doppelte Anzahl an Doompunkten in dieser Runde.
3. Bei bestimmten Ereignissen (z.B. dem Erwecken eines Großen Alten) zieht man aus einem Beutel ein Älteres Zeichen. Diese Älteren Zeichen sind zusätzliche Doompunkte (zwischen 1 und 3), die man jederzeit eintauschen kann.

Bezeichnend ist, dass man bei Cthulhu Wars keine hohen Downtime hat, da man, wenn man an der Reihe ist, eine Miniaktion ausführt und dann schon der nächste Spieler dran ist. Klar, wenn man direkt am Rundenanfang viele Aktionspunkte rausbläst (so wie ich, als ich in der zweiten Runde direkt Cthulhu beschwört habe), dann hat man seine Runde recht schnell beendet, aber so etwas ist halt eher die Ausnahme.

Was ist dieses ominöse Spellbook bei Cthulhu Wars?

Jede Fraktion bei Cthulhu Wars spielt sich unterschiedlich. Das liegt auch und vor allem an den unterschiedlichen Spellbooks. Jede Fraktion hat ihre eigenen 6 Zaubersprüche. Davon verfügt man am Anfang über genau NULL! Aber es gibt insgesamt 6 verschiedene Aktionen, die einem einen Spruch für das Spellbook bringen. Dabei hat nicht nur jede Gottheit bei Cthulhu Wars 6 eigene, individuelle Sprüche, nein, auch die Art und Weise, wie man seine Sprüche „freischaltet“ ist bei jedem Großen Alten ein wenig anders. Bei Cthulhu z.B. hat man je einen Spruch bei folgenden Aktionen/Ereignissen erhalten:

1. Töte/Vertreibe eine feindliche Einheit in einem Kampf
2. Töte/vertreibe zwei feindliche Einheiten in einem Kampf
3. Erwecke Cthulhu zum ersten Mal
4. Erhalte einen Spruch in der ersten Cleanupphase
5. Kontrolliere 3 Beschwörungszirkel auf Ozeangebieten
6. Habe in einer Clean-up-Phase 5 Sprüche im Spellbook

Was ist der Weg und das Ziel bei Cthulhu Wars?

Ziel bei Cthulhu Wars ist es, 30 Doompunkte zu erreichen UND sein Spellbook vollständig entwickelt zu haben.

Dabei unterscheiden sich die Großen Alten teilweise sehr deutlich in der Art und Weise, wie sie dieses Ziel erreichen können. Ich hatte in meiner ersten Partie mit Cthulhu einige taktische Fehler gemacht, konnte aber dennoch einen soliden zweiten Platz behaupten. Hastur hat am Ende gewonnen. Dieser wurde jedoch vom Besitzer des Spiels geführt, der hatte also eh die größte Erfahrung, der olle Lucker. Cthulhu spielt sich relativ „normal“, er verfügt über keine großartig besonderen Mechanismen. Allerdings bin ich mit ihm zu selten in den Kampf gegangen, Cthulhu bringt einem Vorteile, wenn er häufig besiegt wird.
Der König in Gelb hingegen benötigt Zeit, seine Position auszubauen, danach zergt das doofe Vieh übers Spielfeld und vernichtet alles auf seinem Weg.

Ich bin auf weitere Große Alte gespannt, Cthulhu Wars ist ein Spiel, das bereits jetzt schon vor Erweiterungen überquillt.

Ein interessantes Konzept wohnt dem Spielfeld inne. Die Weltkarte ist auf zwei verschiedenen Spielbrettern doppelseitig aufgeteilt. Die eine Seite ist für 3 Spieler, die andere Seite für 5 Spieler. Ist man zu 4., dann nimmt man für die eine Hälfte die drei Personen Seite und die andere Hälfte wird mit der 5 Personen Seite dargestellt. So einfach und doch so genial.

Meine Meinung zu Cthulhu Wars:

Meine Fresse, hat die erste Runde einen Spaß gebracht, auch wenn ich verloren habe (weit deutlicher, als es mein 2. Platz erahnen lässt). Das Spielmaterial ist sehr hochwertig (dicke Pappe, coole Miniaturen von teilweise abartiger Größe) und die Regeln sind sehr zugänglich. Das Spiel gewinnt seinen Reiz nicht durch die Komplexität der Regeln, sondern durch die Kombination von vielen Komponenten. Diese sind, jede für sich, eher simpel, entfalten ihren Reiz aber gerade in der Kombination.

Damit ist Cthulhu Wars durchaus auch für Einsteiger in die Welt der strategischen Spiele geeignet, vermag aber auch alte Hasen zu fesseln. Die englische Sprachhürde ist relativ gering. Lediglich das eigene Battleboard und die 6 Spells muss man sich verinnerlichen. Auch die erfreulich geringe Spieldauer von ca. 90 Minuten ist eher massenkompatibel. Nicht massenkompatibel hingegen ist das Thema von Cthulhu Wars. Lovecraft ist halt immer noch recht speziell. Dennoch gehen von mir beide Daumen nach oben. Ich bin der Meinung, Cthulhu Wars ist eine Zierde für jedwede Spielsammlung.

Wenn, ja, wenn der Preis nicht wäre. Die UVP beträgt rund 200$, aber der Versand haut da so richtig rein. Mit Zoll und Versand muss man rund 300€ für das Spiel rechnen