Vor ziemlich genau einem Jahr startete CoolMiniOrNot mal wieder einen Kickstarter und versuchte vollkommen verzweifelt, Kohle für ein Spiel namens Blood Rage zusammenzubekommen. Thematisch im Reich der Wikinger angesiedelt und mit wirklich imposanten Miniaturen ausgestattet, versuchte man irgendwie die 50.000$ zusammenzukratzen, um dieses Spiel zu finanzieren.
Mit gerade mal einem Pledgelevel zu 75$ (Plus einem Early Bird für 70$) war dies ein sehr übersichtlicher Kickstarter. Die Frage war natürlich, ob man die 50.000$ zusammen bekommen würde.
Naja, nicht wirklich: Ein CMON Kickstarter ist eigentlich immer eine recht sichere Sache und wenn auf dem Spiel dann noch Eric M. Lang als Autor steht, dann kann man sich schon sicher sein, dass es ein Erfolg wird. Zumal Blood rage mit der Wikingerthematik auch noch den Zeitgeist trifft.
Wenig Überraschend kamen dann 900.000$ zusammen, was, neben der Realisierung des Projektes, jede Menge Stretchgoals bedeutete. Dabei waren viele Kickstarterexklusive Sachen, aber auch einiges an Zeug, welches die spätere Retailversion von Blood Rage aufhübschen sollte.
Ihr könnt Stolz auf mich sein. All die Fakten (Gar nicht so teuer, Wikinger, Eric M. Lang, Wikinger, coole Optik, Wikinger, Alpha Regeln lasen sich gut und vor allem: WIKINGER) sorgten NICHT dafür, dass ich bei diesem Spiel zuschlug, allein auch aus dem Grund, weil mir aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zugetragen wurde, dass Asmodee Blood Rage noch deutlich vor Weihnachten in die Läden wuchten würde. Wer braucht schon Stretchgoals?
Damn, ich brauch die und ich habe mich im Nachhinein so dermaßen geärgert, das ich da nicht mitgemacht habe. Aber: Wofür hat man denn Freunde, die ein Full Pledge Blood Rage „über“ haben und diesen zum Selbstkostenpreis weiterreichen? (DANKE Marc!)
Nun lag es vor mir: Blood Rage, mit all seinen Stretchgoals, der Erweiterung für 5 Spieler, diverse Sonderfiguren und und und …
Optisch und haptisch ist dieses Spiel ein Genuss. Die Miniaturen sind von sehr hoher Qualität, sauber gegossen und mit vielen Details. Miniaturenmaler werden ihre Freude haben, Menschen wie ich, ergötzen sich einfach so an den Figuren, die Blood Rage zu einem der schönsten Spiele seiner Art machen.
Wie funktioniert Blood Rage?
Zentraler Mechanismus bei Blood Rage ist ein Draft System. Zu Beginn jeder (von insgesamt drei) Runden (Hier Zeitalter genannt) erhält jeder Spieler 8 Karten auf die Hand. Dabei hat jede Runde (oder auch Zeitalter) seinen eigenen Kartenstapel, es gibt also spätere auch andere, meist mächtigere Karten. Von diesen 8 Karten sucht man sich eine aus und gibt die restlichen Karten an den linken Sitznachbar weiter. Das geht so weiter, bis jeder Spieler insgesamt 6 Handkarten „gedraftet“ hat.
Wenn es soweit ist, beginnt das eigentliche Spiel. Pro Zug hat jeder Spieler eine Aktion. Das kann das spielen einer Handkarte sein, aber auch das Einsetzen einer seiner Spielfiguren. Es gibt auch Karten, die das Setzen einer besonderen Spielfigur bedingen, z.B. mystische Monster wie einen Eisriesen. Die meisten Aktionen kosten Wut, die Hauptressource im Spiel. Dazu gleich mehr.
Handkarten gibt es in verschiedenen Arten:
- Aufgaben: Das spielen einer Aufgabe kostet keine Wut. Allerdings lasse ich damit die Hose runter, meine Mitspieler wissen, was ich vorhabe und können das noch verhindern. Denn ob eine Aufgabe gelöst ist, wird erst am Ende des Zeitalters geprüft.
- Verstärkungen: Diese gibt es für den Clan, das Schiff, den Anführer und Monster. Vor allem Letztere sind interessant, kommt man überhaupt erst mit diesen an die „fetten Brummer“ dran. Diese kosten Wut, wenn man sie ausspielen möchte.
- Kampfkarten: Diese werden im Kampf gespielt und erhöhen in erster Linie die Kampfstärke, bringen aber teilweise auch noch Sonderaktionen mit. Kampfkarten kann man natürlich nur im Kampf spielen, kosten dann aber auch keine Wut.
Kommen wir zur Wut: Ein Clan hat drei Werte: Wut, Ruhm und Hörner. Wut zeigt an, wieviel Wut man am Anfang eines Zeitalters zur Verfügung hat und stellt die wichtigste Ressource dar, da fast jede Aktion mit Wut bezahlt werden muss.
Ruhm ist der Maßstab für den Ruhm, den man erhält, wenn man einen Kampf gewinnt. AM Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Ruhmespunkten. Der Kampf ist aber die einzige, nicht mal die effektivste Methode, an Ruhm zu gelangen.
Der Hörnerwert bestimmt schließlich, wie viele Leute man gleichzeitig auf dem Spielfeld haben kann, quasi die Größe des Clans.
Spiele ich nun eine Verstärkungskarte oder will ich einen meiner Clansmänner ins Spiel bringen, kostet mich das mindestens einen Wutpunkt. Diverse Monster oder wirklich mächtige Verstärkungen schlagen auch schon mal mit 4 Wutpunkten zu Buche.
Sinkt mein Wutwert auf null, kann ich nichts mehr machen, nicht mal mehr Aufgaben ausspielen, was ja eigentlich keine Wut kostet.
Ein Land zu plündern kostet übrigens auch einen Wutpunkt.
Das ausspielen von Figuren unterliegt natürlich einigen Regeln, z.B. kann jedes Land nur eine bestimmte Anzahl an Truppen aufnehmen. Wer ein Land erfolgreich plündert, bekommt künftig Boni, das kann von Ruhmespunkten bis hin zur Steigerung einer Clanseigenschaft alles sein. Man weiß allerdings vorher genau, was man beim plündern erhält.
Am Ende eines jeden Zeitalters schreitet Armageddon voran und ein Land auf der Karte wird getilgt, es wird also enger im Spiel.
Nach drei Zeitaltern wird zum letzten Mal abgerechnet, es werden noch mal Ruhmpunkte verteilt und derjenige, der den eisten Ruhm eingeheimst hat, darf künftig in Walhall am lautesten herumprollen.
Muss ich mich grämen, wenn ich den Blood Rage Kickstarter verpasst habe?
Ganz klar: Nein, muss man nicht. Asmodee hat mit der Übersetzung einen sehr guten Job abgeliefert, lediglich das Wort „ivadiert“ lässt mich jedes Mal schmunzeln, ist aber grammatikalisch vollkommen korrekt so.
Da viele durch den Kickstarter freigeschaltete Inhalte auch der Retailversion von Blood Rage zu Gute gekommen sind, erhalte ich hier ein rundes Paket, das kaum Wünsche offenlässt. Sehr viel weiteres Kickstarterzeug erscheint in Form von Erweiterungen, die man sich problemlos dazu kaufen kann.
Exklusiv bei Blood Rage bleiben lediglich ein Monster je Zeitalter, einige Plastiktoken (die es sonst halt „nur“ aus Pappe gibt und Alternativmodelle für einen der Clans. Spielerischen Nutzwert haben lediglich die 3 Monster, das hält sich also in eng überschaubare Grenzen.
Oh, halt, ich habe das Artbook vergessen, das zwar richtig geil ausschaut, aber halt auch „nur“ Eyecandy darstellt.
Auf der Asmodee-Deutschland Seite findet man übrigens noch zwei korrigierte Karten (Deren Titel ist falsch, es ist eine Schiffs- und eine Anführerausrüstung, es steht aber Clansaufrüstung drauf) und eine ausführliche FAQ
Blood Rage: Ein Fazit
Blood Rage ist, da gibt es nichts zu deuteln, ein ziemlich geiles Spiel geworden. Oft wird kolportiert, dass es das bessere Chaos In Der Alten Welt“ ist, das empfinde ich nicht so. Nur, weil man Figuren auf einer Landkarte platziert und beide Spiele von Eric M. Lang sind, sind dies noch lange keine Geschwister. Die Unterschiede sind deutlich vorhanden, Blood Rage wird seinen „Vorfahren“ nicht ersetzen, die Herangehensweise der Spiele ist schon arg unterschiedlich. Während ich bei CidAW mit jedem der Chaosgötter eine andere Siegstrategie verfolge, bastel ich mir bei Blood Rage meine Siegstrategie selber zurecht, einfach, indem ich mir die entsprechenden Karten erdrafte.
Dafür habe ich bei Blood Rage nur eine Möglichkeit, den Sieg zu erringen, nämlich indem ich die meisten Ruhmespunkte anhäufe. Bei CidAW gab es ja derer mehrere Optionen.
Also, ganz klar: Blood Rage ist die Bereicherung eines jeden Spieleschrankes. Von der Optik her ganz klar Ami-Thrash, hat das Spiel aber weit mehr Tiefe, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Ist jetzt nicht unbedingt Workerplacement, aber man muss sich schon Siegstrategien zurechtlegen und diese auch konsequent durchziehen. In einer Partie habe ich z.B. die ersten zwei Zeitalter recht deutlich geführt und dann in der letzten Runde so glorreich mich mit meiner Strategie verhauen, dass ich nur noch glücklicher Zweiter wurde. Warum? Weil ich dachte: „Boah, mein Gegner hat da ne coole Strategie, damit könnte der mich noch einholen, ich mach das auch mal!“ – Dumme Idee, kann ich euch sagen …
Für den Einstieg reicht auf jeden Fall das Grundspiel, es sei denn, ihr seid oft zu fünft, dann ist die Erweiterung für den fünften Spieler natürlich ein Autobuy.
Hat man sich dann in die Finessen von Blood Rage eingearbeitet, kann man sukzessive die Erweiterungen anschaffen.
Das Spiel hat jedenfalls genügend Potential, auf öfters auf den Tisch zu kommen!