Crowdfunding ist ein relativ neues Phänomen in der Internetszene (Wobei Crowdfunding nicht internetexklusive ist, aber der Großteil der Projekte schon dort gestartet werden) und hat vor allem seit 2009 (Gründung des Branchenprimus Kickstarter) mächtig an Fahrt aufgenommen.
Aber worum geht es eigentlich bei Crowdfunding?
Nun, im Grunde um Liebhaberprojekte, die nicht unbedingt kommerziellen Erfolg versprechen, aber doch viele Leute ansprechen könnten. Wenn jemand eine coole Idee oder Vision hat, aber kein Geld, dies auch umzusetzen, startet man eine sogenannte Kampagne, stellt seine Idee (oft auch in Form eines Videos) vor und versucht, das Geld von den Leuten dafür zu bekommen. Das kann auf Spendenbasis erfolgen (also man hofft, dass die Leute ein Projekt so geil finden, das sie einem das Geld schenken), man kann aber auch den Leuten etwas für ihre Spenden anbieten (Eine Band z.B. eine CD oder ein Shirt, ein Spielautor ein Exemplar des zu finanzierenden Spiels und ein Regisseur eine Kopie seines Films). Oftmals plant man noch sogenannte Stretchgoals ein, die diverse Boni versprechen, wenn das Kampagnenziel (Also eine Summe X) übertroffen wird. Die Band legt z.B. kostenlose Aufkleber bei, der Spielautor eine Bonuskarte und der Filmemacher eine Autogrammkarte. Das motiviert und hat in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass einige Projekte, die 200.000$ sammeln wollten, dann irgendwo bei 3 Millionen gelandet sind.
Das sind Summen, wo einem recht schnell schwindelig wird. Gerade im Brettspiel/Tabletop-Bereich, über den ich mich hier speziell äußern will, hat aber eine, meiner Meinung nach, ungesunde Entwicklung ihren Lauf genommen. Ursprünglich halt wirklich eine Methode für Visionäre gewesen, ihre Träume zu verwirklichen, verkommt Kickstarter und Konsorten immer mehr zu einer Vorfinanzierungsplattform für eigentlich finanzkräftige Firmen und Verlage, die damit ihrer Hauptaufgabe, dem Tragen des finanziellen Risikos ein Schnäppchen schlagen. Crowdsurfing funktioniert tadellos, das haben viele Projekte in der Vergangenheit gezeigt. Klar, es gibt immer wieder Ideen, die dort scheitern, aber das liegt in der Natur der Sache. Wenn nun aber ein Verlag seine neuen Spiele nicht mehr traditionell herstellen und über die üblichen Vertriebswege unter das Volk bringt, sondern voll und ganz auf z.B. Kickstarter setzt, dann hat das Geschmäckle…
Wenn der Verlag von der Idee überzeugt ist, warum geht er dann nicht den regulären Weg?
Nun ja, in den meisten Fällen vermutlich, weil er so einfach mehr Geld aus dem Ganzen ziehen kann, denn jedes Spiel, das direkt verkauft wird, erhöht die Marge um ein Vielfaches. Es ist ja nicht so, dass die Backer (So nennt man in neudeutsch die Leute, die eine Kampagne „pledgen(d.h. unterstützen)) ihr Exemplar besonders günstig bekommen, im Gegenteil: Durch das Stretchgoalsystem mit einigen kampagnenexklusiven Boni wird oftmals vielmehr Geld ausgegeben, als man für das Spiel im Regelfall im Laden zahlen würde. Dafür erhält man dann Bonuspüppchen, Szenarien und anderes Zeug, das zwar nett ist, aber größtenteils nicht die Summen, die dafür verlangt werden. (Ja, es gibt Ausnahmen, aber auch ganz viele, ganz schlimme Beispiele) Wenn ein Verlag nun ein Spiel produziert, das ihn ca. 10€ kostet, dann bekommt er vom Großhändler dafür ca. 20€ und im Laden kostet es dann um die 40€…Soweit die Vergangenheit. Das Spiel auf Kickstarter (Ich werde Kickstarter nun synonym für jedwede Crowdfundingplattform verwenden) geht aber, dank einiger Stretchgoals, die in Summe vielleicht 2€ Mehrkosten ausmachen, für 50-100€ übern Tisch und zwar direkt in die Tasche des Verlags.
Auch wenn ich dazu neige, den Verlagen den Mehrgewinn zu gönnen, so ist das doch ein wenig kurz gedacht. Denn das Budget der Leute ist nun mal endlich. Für die 100€, die, aufgrund der Sucht der Menschen nach Bonusmaterial, nun für ein Spiel ausgegeben wurden, hat derjenige sich früher 2 oder gar 3 Spiele gegönnt, also weit mehr Verlage, Autoren etc. pp. unterstützt.
Aber nicht nur (andere) Verlage und Autoren, nein, auch der örtliche Spielfachhandel verliert dadurch. Immer mehr Spielfachgeschäfte müssen ihre Pforten mangels Umsatz schließen und das auch in Fällen, wo Lage und Angebot eigentlich hervorragend waren (Jüngstes Beispiel Roskothen in der Innenstadt Duisburgs). Wir alle wimmern rum, das es weniger Läden gibt, in denen man gut beraten wird und in denen man auch mal ein Spiel ausprobieren kann, suchen aber immer nach dem günstigstem Preis und dem umfangreichsten Angebot. Aber bei Kickstarter (oder bei Amazon) kann man eben keine Spiele ausprobieren und Beratung fußt da, wenn überhaupt, auf Algorithmen und Cookies.
Versteht mich nicht falsch, Kickstarter ist eine tolle Sache, aber eben bitte nicht für etablierte Verlage, die damit lediglich Wertschöpfung und Risikominimierung betreiben. Daher pledge ich nur bei Anbietern, die eben NICHT etabliert sind, die eine verrückte Idee haben und diese verwirklichen wollen! Warum? Weil ich auch gern verrückte Ideen habe und diese verwirklich möchte…
In der aktuellen Spielbox(2/2013) ist ein Interessanter Artikel zum Crowdfunding. Wenn der Bedarf da ist, kann ich den Artikel auch gerne zur Verfügung stellen.
Ich kann das Wort „Kickstarter“ schon nicht mehr hören! Es hat mit eigentlichen Spenden zur Unterstützung von Projekten nichts mehr zu tun, sondern ist eine reine Verkaufsveranstaltung geworden, bei dem jeder möglichst günstig möglichst viel abgrasen will.
Ich warte eigentlich nur bis so ein großes Projekt den Bach runter geht und die Organisatoren sich mit der Kohle absetzen – dann schauen nämlich alle abslut dumm aus der Wäsche. Soweit ich weiß gibt es ja keine rechtliche Absicherung. Eigentlich spekuliert man mit seinem Geld, aber alle tun so als ob sie mal eben shoppen gehen würden.
„Ich warte eigentlich nur bis so ein großes Projekt den Bach runter geht“
wie mit Up front geschehen, du brauchst also nicht mehr zu warten.