2013 wurde vom Spieldesigner David J. Mortimer via Print&Play ein Spiel namens Pocket Imperium veröffentlicht, welches dann von Ludicreations 2015 via Kickstarter zu einem „regulären“ Produkt aufgewertet wurde.
Pocket Imperium ist ein sogenanntes 4x Spiel, wobei die 4x für Explore (Erkunden), Expand (Expandieren), Exploit (Ausbeuten) und Exterminate (Auslöschen) stehen. Der Begriff tauchte meines Wissens zum ersten mal im Zusammenhang mit dem Computerspiel Master Of Orion auf, setzte sich dann aber nicht nur im Computer-, sondern auch im Brettspielbereich durch.
4x Spielen gemein ist ihr Rundenformat, was sie natürlich für Brettspiele perfekt macht. Daher gibt es auch inzwischen eine ganze Menge 4x Brettspiele, von denen einer der bekanntesten und umfangreichsten Vertreter wohl das FFG-Flaggschiff Twilight Imperium sein dürfte.
Was also macht Pocket Imperium anders, woraus bezieht es seine Daseinsberechtigung?
Das auffälligste Merkmal von Pocket Imperium steckt schon im Namen: Nicht einmal die Größe eines Din A5-Blattes nimmt die Box ein, auch die Spieldauer ist mit 30-45 Minuten eher am alleruntersten Ende dessen angesiedelt, was man für ein 4x Spiel im Normalfall veranschlagt.
Aber in der Box von Pocket Imperium steckt eine Menge Material:
7 Spielplanteile(doppelseitig)
12 Kommandokarten
48 Siegpunktmarker
1 Startspielertoken
3 Regelbücher (deutsch, englisch und französisch)
Und vor allem gleich 52 Holzraumschiffe
Wie spielt sich Pocket Imperium?
Am Anfang legt man das Spielfeld bestehend aus insgesamt 7 Sektoren, wobei Tri-Prime IMMER der zentrale Sektor ist) aus und jeder besetzt im Uhrzeigersinn eins der Planetensysteme mit zwei von seinen Schiffen. Haben dies alle getan, geschieht das Gleiche nochmal, diesmal aber in der umgekehrten Reihenfolge.
Dann beginnt das Spiel. Jeder Spieler hält drei Befehlskarten auf der Hand, je eine Expand, Explore und Exterminate. Diese legt man, mit dem Rücken nach oben, dann in der Reihenfolge vor sich auf den Tisch, in der man die Befehle ausführen möchte. Dann drehen alle ihre erste Befehlskarte um und führen die Befehle aus. Hierbei ist aber zu beachten, dass man, wenn man einen bestimmten Befehl alleine ausführt (Alleine bedeutet in diesem Fall, das kein Sitznachbar den gleichen Befehl in dieser Runde gegeben hat, in einer Viererrunde spielt der gegenüber sitzende Mitspieler hier keine Rolle)
Nehmen wir als Beispiel den Befehl Expand: Habe ich diesen Befehl in dieser Phase alleine gespielt, darf ich 3 neue Schiffe platzieren. Diese mache ich in Planetensystemen, in denen eine eigene Flotte von mir stationiert ist. Hat einer meiner Sitznachbarn auch Expand gespielt, sind es nur noch 2 Schiffe, haben beide Sitznachbarn die gleiche Idee wie man selber gehabt, ist es nur noch ein Schiff, das meine Flotte verstärkt.
Dies gilt analog auch für die Befehle Explore (1-3 Flottenverbände bewegen) und Exterminate (1-3 Angriffe fliegen)
Wobei man mit Explore keine Planetensysteme bereisen darf, in denen gegnerische Schiffe stehen und bei Extreminate sogar zwingend feindliche Flotten angreifen muss.
Der Kampf übrigens findet hier sehr basisch statt: Treffen zwei Flotten aufeinander, nimmt jeder solange ein Schiff aus dem Spiel, bis einer keine Schiffe mehr hat. Dagegen ist das Kampfsystem von Risiko echt komplex!
Hmmm, drei verschiedene Befehle bei einem 4x Spiel? Fehlt da nicht was? Ist Pocket Imperium womöglich ein Blender und „nur“ ein 3x Spiel?
Mitnichten, denn nach der dritten Phase endet die Runde mit Phase 4: Exploit!
Jetzt wird erst mal gecheckt, ob genug Ressourcen zum Unterhalt der einzelnen Flotten vorhanden ist. Je fruchtbarer ein Planetensystem, desto mehr Schiffe können auch unterhalten werden. Nachdem nicht unterstützte Schiffe vom Spielfeld entfernt wurden, werden Siegpunkte verteilt.
Hier gibt es ein interessantes System: Es werden nicht immer alle besetzten Systeme gewertet, sondern jeder Spieler bestimmt einen Sektorl, der gewertet wird. Man MUSS einen Sektor zur Wertung bestimmen und darf keinen doppelt werten. Natürlich ist man bestrebt, möglichst einen Sektor zu werten, der einem selber viele Punkte und den Gegnern gar keine Punkte gibt. Aber, wie so oft: Das Leben ist kein Wunschkonzert!
Wer das zentrale Spielfeld Tri-Prime kontrolliert darf/muss noch einen weiteren Sektor werten.
Nach 6 (Beziehungsweise in Vollbesetzung nach 8) Runden endet das Spiel und derjenige mit den meisten Siebpunkten hat, nun ja, gesiegt.
Pocket Imperium: Das Fazit
Pocket Imperium ist superschnell erklärt und leicht zu verstehen, die Tücke liegt im Detail. Abzuschätzen, in welcher Reihenfolge die Mitspieler ihre Befehle geben ist das A&O des Spiels.
Das Spielmaterial ist zweckdienlich und weiß zu überzeugen. Die beiliegenden Holzraumschiffe sind ein echter Blickfang, verteuern das Spiel aber natürlich auch. 25€ sind nun, gerade für ein Spiel dieser Größe, kein Schnapp, aber die Box ist wirklich prall gefüllt. Bestellt werden kann direkt über die Verlagsseite, da der Versand aber aus Deutschland erfolgt, halten sich die Portokosten mit 5€ in eng überschaubaren Grenzen.
Es gibt bereits zwei Minierweiterungen, die man bei der Gelegenheit gleich mit ordern kann, damit werde ich mich noch in den nächsten Tagen beschäftigen.
Braucht man Pocket Imperium?
Welches Spiel braucht man schon? Also ernsthaft brauchen? Eben! Aber Pocket Imperium hat seine Daseinsberechtigung. Es ist ein schnelles 4x Spiel, ohne gleich ein Microgame zu sein. Das Spielmaterial unterstützt den Spielspaß, lediglich die Siegpunktmarker empfinde ich als nicht optimal, dies ist aber jammern auf hohem Niveau.
Wer also an diese Art von Spielen mag und auch eine Gruppe hat, die auf demselben strategischem Niveau agiert, findet hier ein Kleinod, das für die eine oder andere vergnügliche Partie sorgen wird.
Disclaimer: Das Reziexempar wurde mir freundlicherweise von Ludicreations zur Verfügung gestellt, nach meinem Wissensstand befinden die Kickstarterexemplare sich in der AUslieferung, bzw. sind inzwischen größtenteils zumindest unterwegs.