Heute haben wir Porthleven verlassen. Einerseits ein wenig schade, dass ich somit auch Rolands Happy Plaice und damit das beste Fish&Chips ever, hinter mir lassen muss, andererseits geht es nun an die Nordküste Cornwalls und damit an einen Ort, der für die Identitätsstiftung Britanniens ähnlich wichtig sein dürfte, wie für die Germanen die Varusschlacht. Oh, Überraschung, die bewiesene Faktenlage ist hüben wie drüben ähnlich dünn 😉 (Einwurf meiner Haushistorikerin und Ehefrau: Die Artussage und die Varusschlacht zu vergleichen wäre ein Sakrileg, weil das eine ja bewesen und soweit gut erforscht, das andere aber eben nur eine Sage ist … Jaja, meinethalben 😉 )
Tintagel Castle jedenfalls war geplant, viele hatten uns davon abgeraten, da es von Touris überlaufen sein soll und eher unspektakulär ist. Egal, wir waren schließlich auch in Stonehenge und Tintagel ist ein Wunschziel meiner Frau, seit sie die Nebel von Avalon gelesen hat. Aber auf dem Weg dahin sollte noch Restormel Castle unser Ziel sein, eine der ganz wenigen Rundburgen überhaupt.
Vor den Castles hat der liebe Gott den Linksverkehr gesetzt und meine Frau musste mich nur einmal daran erinnern, dass ich meinen Arsch, bzw. das Heck des Autos auf die linke Straßenseite bewegen muss. Langsam mach ich mir echt Sorgen, wenn ich wieder in Deutschland auf der rechten Seite fahren werden muss, das kann ja noch Eiter werden…
Restormel Castle gehörte früher einmal unter anderem dem schwarzen Ritter und heute zur English Heritage, wodurch wir wieder einmal ein wenig Eintritt sparen durften, hier waren es zusammen knappe 8 Pfund.
Historisch und militärisch gesehen gibt es wenige bis gar keine Gründe, an dieser Stelle eine Burg zu errichten und so bleibt die Vermutung, dass es sich hier im Wesentlichen um eine Art Sommerresidenz, allein zum Zwecke des Rumprollens, gehandelt haben muss.
Das Schöne an Restormel ist die völlige Abwesenheit von Restaurierungswahn. Die Burg sieht so aus, wie man sie irgendwann vorgefunden hat: Hauptsächlich noch skelettierte Mauern, einzig einige Holztreppen samt Geländer hat man hier angebracht. Ansonsten noch eine (kleinere) Menge an Informationstafeln, deren Hauptinformationen aber meistens aus könnte/müsste/dürfte besteht. Es wird halt klar, dass man aus der Zeit kaum gesicherte Informationen hat. Interessanterweise war der einzige militärische Konflikt, der hier stattfand, während des englischen Bürgerkrieges, als die Burg von den Parlamentariern gehalten wurde und die Royalisten diese dann da raus geschossen haben.
Nun gut, nach ca. einer Stunde hat man hier alles gesehen, was Restormel zu einem schönen Ziel macht, wenn man eh in Richtung Tintagel fährt.
Da es noch früh am Tag war, beschlossen wir, auf jeden Fall heute noch Tintagel zu besuchen und dann in Ruhe unsere heutige Schlafstatt, eine Jugendherberge in Boscastle, aufzusuchen.
Tintagel Castle selber besitzt keinen Besucherparkplatz, man muss sein Auto inmitten von Tintagel abstellen und dann zu Fuß noch mal einen strammen Fußmarsch hinlegen. Der Eintritt beträgt knapp über 6 Pfund je Person, dank English Heritage haben wir also heute insgesamt 20 Pfund an Eintrittsgeldern gespart.
Ok, Tintagel mag ja ne Tourifalle und total überlaufen sein (wobei es heute nicht gerade voll schien), aber leck mich fett: Allein die Optik beim Einlauf ist schlichtweg der Hammer. Die Idee an dieser Stelle einen Burg zu erbauen ist vermutlich auf einer Stufe mit beidseitig benutzbarem Klopapier oder mit Nasenbluten im Haibecken tauchen zu üben, aber diese Aussicht!
Die Magie, die ich in Stonehenge halt Null gespürt habe, ist hier allgegenwärtig.
Die Schönheit der Natur ist atemberaubend, der Blick über den Atlantik, die Klippen hinab, die Gewalt der Gezeiten, all das sind verdammt gute Gründe, genau HIER und nirgendwo anders leben zu wollen.
OK, zumindest, wenn man Diener hat, die für mich die Einkäufe erledigen!
Das hier war der bisher mit Abstand anstrengendste Tag unserer Reise, das ständige Auf und Ab geht gut in die Beine, das man oftmals am Abgrund des Todes langmarschiert, trägt auch nicht gerade zur Tiefenentspannung bei. Aber dabei fällt einem die gewissen Lockerheit auf, mit der Engländer mit solchen Begebenheiten umgehen: In Deutschland wäre an jeder Ecke schon ein Sicherheitsgitter angebracht, welches dann aber allerdings auch die Stimmung sofort abtöten würde. Die Engländer beschränken sich aus ein paar kleine „Danger – Cliffs“ Schilder und bauen ansonsten auf den gesunden Menschenverstand. Da ich nicht ständig von abgestürzten Rentnern und verloren gegangenen Schulklassen höre, scheint das auch ganz gut zu funktionieren!
Also, Leute, scheißt drauf, was euch die Leute sagen: Tintagel ist definitiv eine Reise wert! Denn nicht nur das Castle (bzw. dessen Überreste, den ähnlich Restormel existiert auch hier keinerlei Restaurierungswahn), auch die Ortschaft selber ist herzallerliebst. Hier scheinen sich eine Menge Esoterikfreunde eine Existenz aufgebaut zu haben, jedenfalls lässt die Menge an entsprechenden Läden diese Vermutung zu. Wir jedenfalls fanden im Willowmoon endlich einen schönen Green Man, der fortan unser Haus beschützen wird.
Übrigens wirkte die alte Post in Tintagel so, als wenn Harry, Ron und Hermine hier ihre monatlichen Rentenschecks abholen. Aber wie schon meine Frau Mama immer zu sagen pflegt: Schief ist Englisch und Englisch ist modern!
In diesem Sinne: Bis die Tage! Morgen geht es in das Museum of Witchcraft … Solltet ihr nichts mehr von mir hören, wurde ich vermutlich in ein einen Frosch verwaQUACK!